Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient,

Krebserkrankungen des Auges treten sehr selten auf. Die häufigste Form, das Aderhautmelanom, betrifft einen von 100.000 Menschen pro Jahr. Bestmögliche Behandlungsergebnisse werden daher erreicht, wenn Patienten an spezialisierten Zentren betreut werden. Die Klinik für Augenheilkunde und die Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikum Essen sind weltweit führend in der Operation und Strahlenbehandlung von Augentumoren. Trotz optimaler Therapie entwickelt nahezu die Hälfte aller Patienten mit Aderhautmelanomen im Laufe der Zeit Fernmetastasen. Diese betreffen meist die Leber und können in manchen Fällen viele Jahre nach Behandlung des Augentumors auftreten. Um diese Patienten optimal betreuen zu können, bieten wir in der Ambulanz des Westdeutschen Tumorzentrums eine spezialisierte Sprechstunde an.

Vorteile für Sie

Die optimale Behandlung von Patienten mit Aderhautmelanomen erfordert ein eingespieltes Team von Spezialisten verschiedener Fachgebiete. Das Augentumorzentrum am Westdeutschen Tumorzentrum wird gemeinsam von Mitarbeitern der Augenklinik, der Inneren Klinik (Tumorforschung), des Instituts für Humangenetik, des Instituts für Radiologie, der Klinik für Strahlentherapie und der Klinik für Partikeltherapie (Westdeutsches Protonentherapiezentrum Essen) sowie der Klinik für Dermatologie gebildet. In kurzer Zeit kann ein optimal abgestimmtes, ganzheitliches Behandlungskonzept erstellt werden.

Dieses deutschlandweit einzigartige Angebot wird von den Patienten gut angenommen und stellt heute eine der größten europäischen Spezialsprechstunden für Patienten mit fortgeschrittenen Aderhautmelanomen dar. Neben etablierten Behandlungsverfahren können wir unseren Patienten auf das Aderhautmelanom zugeschnittene Therapien im Rahmen innovativer Studien anbieten, die zum Ziel haben, die Behandlung dieser seltenen Erkrankung zu verbessern.

Diagnose und Planung stehen am Anfang

Die Spezialsprechstunde für Patienten mit metastasierten Aderhautmelanomen wird von Medizinischen Onkologen (Ärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie) in Ebene 1 der Ambulanz des Westdeutschen Tumorzentrums (WTZ-Ambulanz) angeboten. Das Erstgespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen dient der Beratung – gerne auch zur Einholung einer Zweitmeinung. Im Folgenden wird die Behandlung geplant. Am Westdeutschen Tumorzentrum angebotene Behandlungen umfassen beispielswiese Lokaltherapien (Operation, Bestrahlung) oder regionale Chemotherapie von Lebermetastasen, Immuntherapie mit Tebentafusp (noch keine Zulassung, Behandlung im Rahmen eines Zugangsprogramms des Herstellers möglich) oder in bestimmten Fällen auch eine Chemotherapie. Darüber hinaus bieten wir im Rahmen wissenschaftlich kontrollierter klinische Studien neue Medikamente oder Immuntherapien an. Bevor eine Behandlung bei metastasierter Erkrankung eingeleitet wird, wird aufgrund der Seltenheit von Aderhautmelanomen in der Regel die Metastasierung durch eine Gewebeprobe gesichert. Auf diese Weise wird ausgeschlossen, dass die Metastasen nicht von einem unbekannten Zweittumor, zum Beispiel einem Dickdarmkrebs, stammen, der mit anderen Medikamenten behandelt würde. Darüber hinaus bieten wir an, an der Biopsie sowie an einer Blutprobe umfassende Biomarkeruntersuchungen durchzuführen, um Ansatzpunkte für gezielte Behandlungen zu erkennen. Ist der HLA-Typ des Patienten noch nicht bekannt, führen wir selbstverständlich auch diese Untersuchung zur Prüfung der Behandlungsmöglichkeit mit Tebentafusp durch.

Was bieten wir therapeutisch?

Bei isolierten Metastasen der Leber wird im Rahmen unseres Tumorboards die Möglichkeit der Operation oder Bestrahlung geprüft. Dies kommt erfahrungsgemäß nur für eine kleine Patientengruppe in Frage.

Leberchemoperfusion

Aderhautmelanome gelten bislang als wenig empfindlich gegenüber durch die Vene oder in Tablettenform verabreichte Chemotherapien. Unsere Erfahrung zeigt, dass die regionale Verabreichen bestimmter Chemotherapien direkt in die Leberschlagader Metastasen verkleinern oder das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten kann. Das WTZ hat weltweit mit die größte Erfahrung mit dieser sog. „Leberchemoperfusion“ für Patienten mit metatasierten Aderhautmelanomen. Die Katheterisierung der Leberarterie wird die mit hoher Expertise durch erfahrene Ärzte des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie durchgeführt und erfolgt im Rahmen eines kurzen stationären Aufenthaltes in der Inneren Klinik (Tumorforschung). Die Behandlung wird bei guter Wirksamenkeit und Verträglichkeit in der Regel alle 6-8 Wochen wiederholt. Im Falle eines unzureichenden Ansprechens auf die alleinige Leberchemoperfusion kann diese um eine Embolisierung der Tumorgefäße in der Leber (sog Embocept-TACE) ergänzt werden.

Zugangsprogramm für Tebentafusp

Bei Tebentafusp handelt es sich um ein gentechnologisch hergestelles „Designermolekül“, das einen T-Zell-Rezeptor gegen das in Melanomzellen überexprimierte, im Kontext von HLA-A*0201 präsentierte Protein gp100 und das CD3-Molekül auf der Oberfläche von T-Lymphozyten bindet. Auf diese Weise soll eine Immunreaktion gegen die Metastasen ausgelöst werden, welche den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann. Tebentafusp ist derzeit noch nicht zur Verordnung zugelassen. Eine Zulassung durch die FDA in den USA wird zeitnah erwartet, der Zeitpunkt der europäischen Zulassung ist nicht bekannt. Am WTZ können wir aktuell HLA-A*0201-positive Patienten mit metastasierten Aderhautmelanomen im Rahmen eines Zugangsprogramms des Herstellers Tebentafusp anbieten. Das für die Wirkung von Tepentafusp erforderliche HLA-Klasse I Merkmal HLA-A*0201 findet sich bei etwa 40% der in Westeuropa geborenen Personen. Ist Ihnen nicht bekannt, ob Sie dieses Merkmal tragen, können wir die Bestimmung am WTZ anbieten. Das Ergebnis liegt nach etwa 2 Wochen vor. Bei Nachweise dieses Merkmals können Patienten, die weitere Kriterien des Zugangsprogramms erfüllen nach individueller Beantragung die Behandlung am WTZ erhalten. Tebentafusp wird in wöchentlichen Abständen als intravenöse Infusion verabreicht. Insbesondere in den ersten 3 Wochen können verstärkt Nebenwirkungen auftreten, so dass diese Behandlungen im Rahmen stationärer Aufenthalte zur Überwachung erfolgen muss. Bei guter Verträglichkeit kann die Behandlung mit einmal wöchentlichen, ambulanten Vorstellungen fortgesetzt werden.  

Immuntherapie

Eine Immuntherapie mit Antikörpern gegen PD-1/PD-L1 und/oder CTLA-4  (sog. „Immun-Checkpoint-Hemmer“) ist bei Patienten mit Melanomen der Haut („schwarzer Hautkrebs“) eine hochwirksame Behandlung. Leider verhalten sich Aderhautmelanome biologisch grundsätzlich anders, so dass die bei Hauttumoren oft wirksame Behandlung nur in seltenen Einzelfällen eine Wirkung zeigt. An unserem Zentrum werden daher die „Immun-Checkpoint-Hemmer“ nicht als Behandlung der ersten Wahl für Patient:innen mit metastasierten Aderhautmelanomen bewertet.  In bestimmten Situationen bieten wir diese Behandlung, die am WTZ selbstverständlich seit vielen Jahren etabliert ist, auch Patient:innen mit Aderhautmelanomen an.

Forschung und die neuesten Medikamente

Die Erforschung der Ursachen der Entstehung und Metastasierung von Aderhautmelanomen ist seit Jahrzehnten ein Schwerpunkt des Universitätsklinikum Essen und des WTZ. Sowohl in unseren Forschungslabors als auch am Institut für Humangenetik können Aderhautmelanome und deren Metastasen durch genetische Analysen auf Mutationen von beispielsweise GNAQ, GNA11 und BAP1 überprüft werden. Diese Genveränderungen entstehen im Tumor und sind in der Regel nicht vererbt oder vererbbar. Sie führen zu Veränderungen von Eiweißen in den Tumorzellen, die Ansatzpunkte für neue, zielgerichtete Medikamente sein können, die wir am WTZ im Rahmen wissenschaftlich kontrollierter Studien in ihrer Wirksamkeit und Sicherheit erproben. Ebenso kommen in diesen Studien neue Medikamente zum Einsatz, die durch Aktivierung des patienteneigenen Immunsystems gegen den Tumor wirken. Über die Verfügbarkeit einer geeigneten Studie für Patient:nnen mit Aderhautmelanom informieren wir Sie gerne.

Falls Sie Interesse an einem ambulanten Informationsgespräch haben, können Sie jederzeit nach Terminvereinbarung zu einem Beratungstermin vorstellig werden. 

Univ.-Prof. Dr. med.
Jens Siveke

Stv. Direktor WTZ Essen und wissenschaftlicher Direktor WTZ, Direktor Brückeninstitut für
Experimentelle Tumortherapie (BIT)

Dr. med.
Heike Richly

Fachärztin für Innere Medizin,
Hämatologie und Onkologie

Mitarbeiter Platzhalter Bild

Dr. med.
Tanja Gromke

Fachärztin für Innere Medizin,
Hämatologie und Onkologie

Dr. med.
Isabel Virchow

Funktionsoberärztin
Fachärztin für Innere Medizin,
Hämatologie und Onkologie
Master of Science
in Pharmaceutical Medicine

Ambulante Vorstellungsmöglichkeiten Innere Klinik (Tumorforschung), WTZ-Ambulanz, Phase I-Einheit

Tumorforschung

Univ.-Prof. Dr. med.
Jens Siveke

Mitarbeiter Platzhalter Bild

Dr. med.
Tanja Gromke

Dr. med.
Heike Richly

Dr. med.
Isabel Virchow

WTZ-Ambulanz, 1. Etage

Tel.: 0201 723 2011 (SIC)
Tel.: 0201 723 84150
Fax: 0201 723 5547